„Ich habe keine Lose mehr. Tut mir leid.“ Das war ein Standardsatz von Hannelore Bellau am Sonntagmittag. Die Tombola mit den 850 Preisen war ausverkauft. Die 900 Nieten nicht gerechnet. 50 Cent kostete ein Los, und manche deckten sich mächtig damit ein. „Sonst haben sie immer bis 15 Uhr gereicht.“ Auch Michael Keller staunte. „Wir haben das Gleiche bestellt wie immer“, stellte der Mann an der Bonkasse für Getränke und Essen fest. „Aber heute ist so viel los.“ Schon um 13 Uhr waren Schnitzel und Braten ausverkauft und mussten schnell nachbestellt werden.
Die vielen Besucher im Festzelt nahmen es gelassen. Schließlich war das Wetter schön und es gab auch viel zu sehen. Spielaktionen aller Art, eine Hüpfburg, Riesen-Seifenblasen, Scooterfahren, ein Theaterstück der Kinder, Livemusik der Musik-AG, die Ju-Jutsu-AG und vieles mehr. „Da werden sie mich aufs Kreuz legen“, lachte Stefan Reuter. Der Einrichtungsleiter nahm es gelassen, denn er war ausgesprochen zufrieden mit dem Festverlauf. „Es ist eine schöne Möglichkeit, sich außerhalb des Alltags zu treffen. Das wird auch zunehmend von Ehemaligen genutzt.“ Das freut ihn besonders. „Was ist aus den Leuten geworden?“
Und wenn die mit ihren Ehepartnern und Kindern kommen und von ihrer Arbeit erzählen, dann weiß Stefan Reuter, dass sich seine und die Arbeit der bis zu 95 Betreuer gelohnt hat. Über 120 junge Menschen werden aktuell betreut. Es gibt 50 Plätze in stationären Wohngruppen und 45 Plätze in der flexiblen Hilfe. Auch hier gibt es Unterstützungs- und Förderbedarf, obwohl die Kinder und Jugendlichen in ihren Familien leben. Schulbegleitung und Außenwohngruppen sind weitere Arbeitsfelder.
Seit 1889 existiert die Einrichtung. Damals noch als Kinderheim vor allem für die Sommerbetreuung der Kinder von fahrenden Händlern. Bis 2006 waren Ordensschwestern aus Unter-
marchtal da. In den letzten Jahrzehnten wird die kirchliche Stiftung privaten Rechts im Fachverband der Caritas vom Jugendamt in Hall beschickt.
Auch die Mädchenwohngruppe Leonie Siebenstein aus der Unterlimpurger Straße in Hall ist gekommen. Erst wird lecker gegessen, dann betreut sie einen Schminkstand: „Jede beteiligt sich.“ Die Erzieherinnen Katrin Rosenitsch und Jolanta Schön freuen sich darüber. Auch Gruppenleiterin Meike Hüttner ist dabei. Alle sind sie hier: Ehemalige, Heutige, Eltern, Nachbarn, Betreuerinnen und Betreuer und feiern gemeinsam wie schon seit mehr als drei Jahrzehnten ihr Fest der Begegnung.
Bild und Text von Ursula Richter 03.07.2018 (erschienen im Hohenloher Tagblatt am 03.07.2018)